Durch die Eröffnung von ‘Anti-Selbstmordzentren’, von denen eins auf nationaler Ebene bestehen soll, hat man in den Vereinigten Staaten vor, diese Art Seuche zu bekämpfen, die in diesem Land 1965 als sechste Todesursache und unter den jungen Leuten sogar an dritter Stelle stand. Über den unerklärlichen Selbstmord des 37jährigen Bernard Durin (eines seit 15 Jahren mustergültigen Angestellten, der nach einstimmiger Meinung “alles hatte, um glücklich zu sein”: “Eine 10 jährige Tochter, Agnes, eine gute Schülerin. Eine charmante Ehefrau… Eine Stellung als mittlere Führungskraft bei IBM…2.500 F Monatslohn. Eine schmuck und modern eingerichtete Wohnung. Einen Peugeot 404. Einen Fernsehapparat, eine Waschmaschine, einen Kühlschrank und sogar ein Aquarium”) schrieb Ch. Caron in ‘France-Soir’ vom 24.12.64: “Die Räume der Firma, wo Durin arbeitet - ein hohes Glashaus… In der Mitte ein Büro aus Metall. Von da aus Regale, so weit das Auge sieht. Metallene. Gleichfalls metallene Aktenschränke. Dort befinden sich die Einzelteile, die Durin in die ganze Provinz verschickt. Kein Fenster. Neonbeleuchtung. Unterschiedliche Arbeitszeiten: der Laden hat von 7 Uhr bis Mitternacht geöffnet. Alle 2 Wochen ist Schichtwechsel. Einmal steht Durin um 5.30 Uhr auf und ist um 16 Uhr mit seiner Arbeit fertig, einmal fängt er um 14.30 Uhr an und ist erst um 1 Uhr in der Nacht wieder zuhause. Durin ist ein mustergültiger Angestellter. Man weiß nicht, wie man ihn anspornen könnte, über seine bisherigen Fähigkeiten hinauszugehen. Es wird ihm nahegelegt, Englisch zu lernen. Er macht das. Er lernt also abends und auch am Samstag und Sonntag. Wenn er den Laden in Vincennes verlässt, fährt Durin mit dem Peugot 404 nach Hause nach Bonely. Dann gibt es die allen bekannten Autoschlangen. Erstarrte Schlangen. Durin erblickt die Lichter der großen Sozialwohnungssiedlung von Bonely. Gerade Linien. Beton, mit einem Einkaufszentrum in der Mitte. Niemand hat seinen Platz in diesem riesigen Sortierkasten. Bernard Durin wohnt in der Wohnung Nr. 1153, 13 rue Léon-Blum, III. Stock. Das ist also Durins Leben: elektronische Maschinen, Trabantensiedlungen, Autos, Kühlschränke und Fernsehapparate. Das ist auch Durins Tod.”
Seit Jahren und zumindest in Amerika passierte es bekanntlich relativ oft, dass unsichere Verzweifelte vor den Augen der bewegten Menge damit drohten, sich in die Leere hinabzustürzen. Da das Publikum jetzt durch besser gemachte Schauspiele abgestumpft oder beansprucht wird, will es nur unter der Bedingung auf einen seiner als ‘wilder Star’ anerkannten Mitbürger aufmerksam werden, dass er schnell springt. Unseres Wissen kam diese neue Tendenz zum erstenmal am 16.April 1964 in Albany im Staat New York zum Vorschein. Während der 19jährige Richard Reinemann schon seit fast zwei Stunden am Gesims des 12.Stockwerks mit dem Sprung zögerte, riefen ihm 4.000 ungeduldig gewordene Personen zu: “Spring doch!”. Man konnte sogar eine Frau hören, die erklärte: “Ich kann hier doch nicht die ganze Nacht warten, ich habe schon mein Lieblingsfernsehprogramm verpasst!”