Die kleine Zeitschrift ‘Front Noir’ ist nur wegen einer lustigen Einzelheit nennenswert, des einzigen allgemeinbedeutenden Merkmals in einem Gewebe alter ‘avantgardistischer’ Banalitäten, das für den Familienbedarf dieser Tribüne zugeschnitten wird: es wird dort über die Situationisten polemisiert, ohne sie zu nennen. Die aus dem erschöpftesten Randgebiet des Surrealismus hervorgegangene ‘Front Noir’ bezeichnet also andeutungsweise die S.I. als “eine mit dem offiziellen Surrealismus rivalisierende Gruppe”. Die ‘Front Noir’-Ideologen, die in den Gedichten, die sie ungeniert veröffentlichen, ihre deutliche Herkunft vom Surrealismus - aber vom letzten Bodensatz - aufzeigen, haben geglaubt, sie hätten jede Spur durch die Verkündung verwischt, dass sie beschlossen haben, über jede “kontrollierte Benennung hinaus nur Künstler” zu sein - genauso wie sie hoffen, sich mit einem Schlag vom Avantgardebegriff zu befreien, indem sie ihn ganz und gar mit der leninistischen Praxis identifizieren. So verteidigen sie also ihr Recht auf dieses poetische Stammeln gegen “die bei den Karrieremachern sehr beliebte Theorie der Aufhebung” - hier soll der gebildete Leser die S.I. und andere mehr erkennen. Der Dichtung von ‘Front Noir’-Autoren wird ihr Wert und sogar ihre sonst recht fragliche poetische Qualität dadurch verliehen, dass sie sehr strenge Revolutionäre sind. Was sie noch vor kurzem dadurch bewiesen, dass sie Trotzkisten waren. Jetzt - vgl. Nummer 7/8 - geben sie bekannt, dass sie noch revolutionärer sind, da sie sich der Theorie der Arbeiterräte angeschlossen haben; das geschah, als sie den Marxologen Rubel kennengelernt haben, der bei ihnen unter unauffälligen Anfangsbuchstaben das unterbringt, was seit der Einstellung von ‘Arguments’ unveröffentlicht in seinem Schubfach bleiben musste. Da sie nie weder die wirkliche Ausarbeitung noch die Anwendung einer revolutionären Theorie ins Auge gefasst haben, begnügen sich die ‘Front Noir’-Autoren damit, ihre eigene, bis heute tatsächlich ziemlich rein erhaltene öffentliche Nicht-Existenz allen anderen, von ihnen entweder zurückgewiesenen oder kopierten Strömungen entgegenzustellen, die sie so vorstellen, als ob sie - die S.I. wie auch der Surrealismus oder Robbe-Grillet - von der herrschenden Mode in gleicher Weise akzeptiert wurden. Diese rasende Unehrlichkeit bringt genügend die elende Eifersucht ans Tageslicht, von der ‘Front Noir’ heimgesucht wird. Als einzige gegenwärtige Kompensation eignet sie sich gerade auf der winzigen Ebene ihres Monologs die Sprache der aktuellen Macht selbst an, die ihre Gegner denunziert, ohne genau zu sagen, wer sie sind, und natürlich auch ohne ihre wirkliche Positionen näher zu bestimmen.
Über ‘Front Noir’ können wir das sagen, was wir schon über andere ‘reine Seelen’ gesagt haben, die der S.I. den nach ihrer Meinung allzu guten Erfolg vorgeworfen haben, bevor sie in Lacans Psychoanalyse oder dem rheinländischen Urbanismus einen Platz gefunden haben: diejenigen, die einen solchen ‘Erfolg’ im Namen ihrer vergangenen und gegenwärtigen Untätigkeit denunzieren, werden schließlich irgendetwas akzeptieren, wenn ihnen nur die Gelegenheit gegeben wird. Die Strenge solcher Leute wurde nicht nur nie auf die Probe gestellt, da sie für alle vollkommen uninteressant waren, sondern der Stil, den sie schon in ihrer sauren Einsamkeit zur Schau stellten, gibt noch dazu alle Garantien dafür, dass sie sich gegebenenfalls wie ihre glücklicheren Konkurrenten in diesem kulturellen Spektakel behaupten würden, dass sie bisher sitzen ließ.