Die mangelnde Anpassung der Denker des Privatkapitalismus, der in Spanien regiert, stellt deren beste Garantie gegen einen revolutionären Umsturz dar. Sie kristallisiert die Kräfte um einen technokratischen Reformismus, der dort doch schon wirkliche Kämpfe zu fördern beginnt, wo er sich niedergelassen hat. In der am weitesten entwickelten Industrie, die die Visitenkarte des Franco-Regimes im Europa der EWG ist, haben die Arbeiter ihre Möglichkeiten am besten behauptet. 1965 haben die Pegaso-Metallarbeiter mehrmals versucht, auf Madrid zu marschieren, um die dort rebellierenden Studenten zu unterstützen. 1967 haben die Echevarri-Fabrikarbeiter in Bilbao sechs Monate lang gestreikt. Die Familien der Arbeiter nahmen an den Vollversammlungen teil, die nach ganz Spanien Delegierte schickten. So wie die neusten spontanen Kollektivierungen, die von den Kleinbauern in Navarra getätigt wurden, treten diese Aktionen der Praxis der Stalino-Christen in den Arbeiterkommissionen krass entgegen. Bekanntlich hatten diese auf bemerkenswert zweckmäßige Weise den 24. Januar im voraus als einen Tag der Forderungen festgesetzt und wegen der Erklärung des Ausnahmezustandes ihr Vorhaben rückgängig gemacht. Die Taktik der KP - Bündnis mit allen Opponenten gegen das Franco-Regime bis hin zu den ‘linken Phanlangisten’ -, die darauf hinarbeitet, sich einen Platz an der parlamentarischen Sonne der Nach-Franco-Zeit zu sichern, stößt gegen ihr eigenes Gespenst, das sie immer noch genauso wie die Faschisten an der Macht heimsucht - obwohl es schon 1936 den Papst genau so wenig wie die Milliardäre in New York gequält hat. Was den Ausnahmezustand betrifft, stellt er sich als die einzig mögliche Antwort derer dar, die die Macht schon nicht mehr haben, gegenüber denen, die wissen (und sogar Opus Dei hat das eingesehen), dass die Modernisierung nur zusammen mit einer Strukturveränderung durchgeführt werden kann. Zu bemerken ist, dass der Ausnahmezustand gerade richtig kam, um eine beträchtliche Neubewertung der seit einem Jahr gesperrten Löhne zu vermeiden, während die Lebenskosten um ungefähr 25% gestiegen sind.
Weit über diese vorsintflutlichen Kämpfe hinaus setzt der alte Maulwurf sein Werk fort. In Spanien wie anderswo hat die Kritische Universität ihre Zeit der relativen Taschenspielereien und zufälligen Verrenkungen ausgespielt. Schon sind radikale Elemente um die Parole ‘Ende der Universität’ zusammengekommen, indem sie ganz natürlich beim Sprechen nach den Streichhölzern gegriffen haben. Genauso wie das kleinste französische Aktionskomitee haben sie es verstanden, die grundsätzliche Alternative zum Ausdruck zu bringen: “Entweder die Scheinuniversität, die für alle ein Alibi bringt, die ein ganz anderes Studium absolvieren oder die Endlösung des ‘Universitätsproblems’, welche diejenige der Klassenprobleme vorwegnimmt”. In Madrid hat die Gruppe der ‘Acratas’ mit der Illusion eines revolutionären Syndikalismus gebrochen und besser als alle anderen radikale Positionen ausgedrückt und sie in eine wirkliche, skandalerregende Praxis umgesetzt. Diese im Oktober 1967 gebildete Gruppe hat mit den Wütenden von Nanterre bestimmte Ähnlichkeiten, die viel über die Epoche aussagen, die wir jetzt erleben - dasselbe Gebiet, dasselbe Programm und dieselben Aktionsmethoden. Die Initiative der Gewalt, die bisher allzu oft von der Polizei ergriffen wurde, wird jetzt wegen ihres Einflusses fast alltäglich von den ‘Studenten’ ergriffen. In Spanien endet jede Versammlung buchstäblich mit Liedern und einem Aufstand. Die ‘Acratas’, die S.I.-Texte übersetzt und verbreitet haben, sind an J.J. Servan-Schreibers iberischen Unglücksfällen schuld: den ‘Verrecke-schnell-du-Dreckskerl’ haben sie schonungslos aus der Rechtsfakultät gejagt, in der er reden wollte und sich eingebildet hatte, er würde ein Publikum finden, das sich mit Lachen begnügen würde. Durch kritische Anwendung der Gewalt haben die ‘Acratas’ die dem üblichen Terrorismus innewohnende Rekuperierung vermieden. Wenn sie Polizei, Autos, Schulmaterial und Schaufenster gebraucht haben, um ihre Kritik an der Geologie, der Hierarchie und der Ware nachzuprüfen, haben sie der erstarrten Geschichte des Franco-Regimes am besten getrotzt, indem sie ein Kruzifix von einem Schulraum, in den sie eingedrungen waren, auf die Bullen geworfen haben. Mit dieser Geste knüpften sie wieder an die große revolutionäre Tradition an, die nie eine andere Vorbereitung zur absoluten Macht der Arbeiterräte kannte, auf die sich die ‘Acratas’ selbstverständlich auch beriefen.
Auch wenn die ‘Acratas’ im Juni 1968 verschwanden, sind sie als eine belebende Gruppe in der Erinnerung geblieben, die Marx und Durutti so nah standen, wie sie Lenin und Proudhon entfernt war. Beobachtet man jetzt nicht, wie sogar die vier FUR-Bürokraten die Todesstrafe riskierten, indem sie die Universität in Brand stecken wollten und in Ermangelung eines Besseren Feuer im besten Madrider Kloster legten, wobei zwei Nonnen ums Leben gekommen sein sollen. In Barcelona - hier sollte Grappin-der-Knüppel unsere Mäßigung um so besser schätzen können! - haben die Studenten, die dabei waren, eine Tür zur Fakultät in Brand zu stecken, den Dekan, der einzugreifen versuchte, mit Benzin begossen. Er wurde mit knapper Not von der Polizei gelöscht. Auch mit knapper Not entkam am 20.Januar der Rektor derselben Universität den Studenten, die ihn aus dem Fenster stürzen wollten. Der Schließungsprozess der Fakultäten, der Gewerkschaften und Regierung so sehr betrübt, trägt immer mehr zur Klärung der künstlichen Gegensätze zwischen den Ideologien der Vorgeschichte bei: hier wie überall weist der Wille der Gewerkschaften zur Rekuperierung auf ihre Rekuperierung durch die Macht hin. Die revolutionäre spanische Bewegung wird weiter besiegt werden, solange sie sich nicht ihrer Siege bewusst wird. Entweder muss sie sich diese wieder aneignen oder alle Gebiete - und an erster Stelle ihre Erinnerungskraft - den stalinistischen, faschistischen und demokratischen Schmieden ihrer Niederlagen überlassen. Ihre Siege deuten die absolute Macht der Arbeiterräte an. Sie sind die minimalen Forderungen der gesamten Arbeiterbewegung. Ihre Kenntnisnahme ist mit, jeder kohärenten revolutionären Position verbunden. Diejenigen, die sich dessen bewusst sind, die Geschichte zu machen, dürfen nicht die Geschichte des Bewusstseins ignorieren.